Das Bild des Blogbeitrags

Dr. Andreas Käser, Studienleiter und Dozent für Altes Testament am TSA

Hoffen als Harren

Dr. Andreas Käser beschäftigt sich im zweiten von insgesamt drei Vorträgen zum Thema „Hoffnungszeiten“ des TSA-Ehemaligentreffens im Mai 2025 in Adelshofen mit der Alttestamentlichen Sicht auf die Hoffnung, und setzt damit fort, was Dr. Rahel Siebald an Tag eins begann. Dr. Benjamin Marx übernahm Tag drei – aber zunächst zu den stichworthaften Überlegungen und Gedanken von Andreas Käser.

Obwohl das AT auch eine Hoffnung auf die ferne Zukunft hin kennt, so ist das Thema Hoffnung im AT vor allem auf das konkrete Leben hin ausgerichtet. Ein lebendiger Glaube an Gott zeichnet sich im AT durch eine hohe Frustrationstoleranz und ein widerstandsfähiges und ausharrendes Hoffen auf den lebendigen Gott aus.

Paradebeispiel für einen hoffnungsvollen Glauben: David
David – ein Leben in schweren Turbulenzen – persönlicher Art, politisch. Gott als Ruhepol in seinem Leben.

  • Psalmen zeugen davon – Psalmenüberschriften: 3 – 7 – 18 - 52 – 54 – 56 – 57 – 59 – 60 – 63 -
  • aber auch eigene Schuld: 51
  • Ziklag „Er stärkte sich im HERRN“
  • Flucht vor Absalom – Lade zurückgeschickt
  • Psalm 23 – Metaphern königlichen Schutzes

David setzte sein Vertrauen in den HERRN – er „hoffte auf den HERRN“, den lebendigen Gott

Hoffen und Harren
qwh (q/pi) – „hoffen“, Derivat tiqwa und miqwe – 33 Belege in Bezug auf Gott

  • Bezug zu Gott unterscheidet sich von einem „hoffentlich“/“ich hoff mal“. Hoffnung richtet sich auf den lebendigen Gott
  • Es gibt ein kollektives Hoffen – Gesamtgemeinde
    • Jer 14,22: JHWH, unser Gott, wir hoffen auf dich
    • Jer 14,8: Du Hoffnung Israels, du sein Retter in der Not
    • Jes 33,2: JHWH, sei uns gnädig, auf dich hoffen wir
    • Jes 25,9: eschatologisch: Zu der Zeit wird man sagen: Siehe, das ist unser Gott, auf den wir hofften, dass er uns helfe. Das ist JHWH, auf den wir hotten. Lasst uns jubeln und fröhlich sein über sein Heil.
    • Jes 26,8: Wir hoffen auf dich, HERR, auch auf dem Weg deiner Gerichte – Fortsetzung Lobpreis angesichts des Gerichts, dann V. 12: Aber uns, HERR, wirst du Frieden schaffen. – Bewahrung!
  • Individuelles Hoffen
    • Ps 39,8 Aber nun, was hoffe ich, HERR? Mein Harren – auf dich hin geht es!

jachal (pi/hi) „warten, harren, hoffen“ Derivat tochelet „Erwartung, Hoffnung“

  • Hoffnung/Erwartung setzen auf = Ausharren, Warten können als aktive Vertrauens-Tat
  • Beharrlichkeit und Frustrationstoleranz; Beispiel Großmutter vor dem Bürgermeister
  • Refrain Ps 41/42: Was betrübst du dich, meine Seele, und bist so unruhig in mir? Harre auf Gott. Denn ich werde ihm noch danken, dass er meines Angesichts Hilfe und mein Gott ist
  • Zwillingsformel: Hoffen und Harren – zeigt engen Zusammenhang

Klagelieder 3,21-26 – reflektiert und qwh/jchl mehrfach wiederholt

  • Zuerst Resignation: V. 15-20
  • Dann Hoffen und Harren, und zwar auf Gott: V. 21-26
  • Ein Warten auf Gott ist ein Warten auf sein Eingreifen
  • Die Art, wie er eingreift, geschieht unter Rekurs auf Ex 34,6
    • Barmherzig (rachum) und gnädig (chanun)
    • Langsam zum Zorn (erech apajim) Luther: geduldig
    • Von großer Gnade und Treue (chesed we-emet) Bündnisverlässlichkeit
  • Gewähr für emet (Amen): Bild vom Thron
  • „Gott sitzt im Regimente und führet alles wohl“ (Paul Gerhard in „Befiehl du deine Wege“ nach Ps 37,5)
  • Nicht die Putins bestimmen die Weltgeschichte, sondern Gott sitzt im Regimente. Ps 37,7.9

Psalm 130, 5f.–6. Bußpsalm [gesamt lesen] – ein Harren und Hoffen auf Vergebung, Gnade, Erlösung – wesentlich bei eigener Unzulänglichkeit

  • V. 1–2 Flehen aus der Tiefe, V. 3–4: es geht um Sünde und die Frage der Vergebung
  • Ich hoffe, JHWH, auf dich [qwh pi] Meine Seele harrt auf dein Wort [qwh pi] Mein Seele harrt auf den HERRN [jchl hi.] Mehr als die Wächter auf den Morgen
  • Vergleich: der Morgen kommt gewiss, Gott kommt gewisser
  • Auch hier Verweis auf Ex 34,6

Wie leben wir einen solchen beharrlichen und hoffnungsvollen Glauben?
1. Rückerinnerung – an die Bekehrung und an Gottes Wirken in meinem Leben
2. Besinnung – „zur Besinnung kommen“, das Wesentliche wieder klarsehen, kalibrieren
3. Entscheidung – Bund/Vertrag, Grundlage Schrift
4. Beharrlichkeit – Großmutter vor dem Bürgermeister
5. Beziehung – es geht um den lebendigen Gott
6. Ermutigung – wer hilft mir?
7. Vergewisserung – Bibellesen, Gottesdienst